Also lieb ich ihn by Elisabeth Curtis Sittenfeld

Also lieb ich ihn by Elisabeth Curtis Sittenfeld

Autor:Elisabeth Curtis Sittenfeld
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Herausgeber: Aufbau Verlag
veröffentlicht: 2012-01-24T19:25:12+00:00


Am Morgen tauschen sie sich erwartungsgemäß über den nächtlichen Besucher aus, laufen wieder und wieder die Spuren ab, die der Bär durch ihre Lagerstätte gezogen hat. Zum letzten Mal packen sie ihre Sachen zusammen und paddeln hinaus. Am Nachmittag wird sie der Kapitän am gleichen Strand abholen, an dem sie angekommen sind.

Nach dem Mittagessen senkt sich der Himmel über sie herab und wird immer dunkler. »Hannah«, sagt Allison unvermittelt, so dass Hannah vor Anspannung erstarrt; jedes Haar auf ihrer Kopfhaut ist elektrisiert. »Ich weiß, dass auf dieser Reise alles schiefgegangen ist, und zwar von Anfang an«, fährt Allison fort. »Ich wünschte, ich könnte das wiedergutmachen, vielleicht wären wir besser nicht als Gruppe hergekommen. Aber du musst akzeptieren, dass ich Sam heirate. Er ist ein wunderbarer Mensch, glaub mir, und er mag dich. Und wenn du dich weiterhin so wenig bemühst, wird es für alle sehr unangenehm werden.«

»Ich will dir nicht widersprechen«, sagt Hannah. »Kannst du mir nur erklären, warum du ihn heiratest? Das ist nicht böse gemeint, es interessiert mich wirklich. Ich möchte verstehen, was du an ihm so schätzt.«

»Ich heirate ihn, weil er mich glücklich macht«, antwortet Allison, und da setzt plötzlich Regen ein. Richtiger Regen, kein Nieseln. Hannah kann sich kaum umwenden – nur den Kopf so weit zur Seite drehen, dass Allison an den Rand ihres Blickfelds rückt. »Mit ihm fühle ich mich wohler, als wenn ich allein bin«, führt Allison aus, und weil der Regen immer lauter wird, brüllt sie geradezu. In weiter Ferne – die Entfernung lässt sich vom Wasser aus schwer einschätzen – spaltet ein Blitz den Himmel. Hannah ist nicht klar, ob Allison es überhaupt bemerkt. »Ich weiß, das klingt kitschig«, sagt Allison, »aber Sam kümmert sich um mich. Natürlich sehe ich auch seine Fehler. Trotzdem liebe ich ihn.«

Es gießt in Strömen; die Tropfen prallen an Hannahs Jacke ab, prasseln ihr auf Gesicht und Haare. »Meine Brille beschlägt«, sagt sie. »Ich seh fast nichts.«

»Setz sie ab. Wenn du ohnehin nichts siehst, macht es keinen Unterschied.«

Als Hannah die Brille in der Hand hält, weiß sie nicht, wohin damit. Sie hat Angst, dass die Gläser bei der Kajaklandung zerbrechen, wenn sie die Brille in eine Tasche ihrer Regenjacke steckt, und so schiebt sie sich die Brille in den Hemdkragen. Im Regen verschwimmt alles zu einer grauen, unförmigen Masse.

»Siehst du die Jungs?«, fragt Allison. »Sie steuern rechts von uns auf den Strand zu. Paddel einfach weiter, ich lenke.«

Hannah klappert mit den Zähnen, ihre Hände sind eiskalt und glitschig vom Wasser. Der Regen hat beinah feste Konsistenz, wie Schiefer. Sie dreht sich halb um und sagt: »Ich halte Sam wirklich nicht für ein Arschloch. Ich hoffe, das ist dir klar.« (Als ob Arschloch das Schlimmste wäre, was Hannah von sich gegeben hat. Im Grunde müsste sie sich für Ich sehe nur nicht, was an ihm so Besonderes sein soll entschuldigen. Aber dieser Satz kam aus tiefstem Herzen, er lässt sich nicht einfach ausradieren; sie sollte lieber nach vorn schauen.) »Und ich weiß, dass ich Dad in manchen Dingen sehr ähnlich bin.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.